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Startup-Crowdinvesting – mein Auswahlprozess und mein erstes Seedmatch-Investment

Ich habe es getan! Über Crowdinvesting in ein Startup investiert – in KERNenergie Store! Aber nein, es geht nicht um Atomstrom, sondern um leckere Snacks aus Kernen und Nüssen.

Seit meinem letzten Artikel über die Startup-Crowdinvesting-Plattform Seedmatch* sind zwei Monate vergangen und es gab bzw. gibt dort seitdem eine ganze Reihe von Investmentangeboten.

Warum habe ich mich für KERNenergie Store entschieden? Welche Vorgehensweise beim Investieren in solche Angebote halte ich überhaupt für sinnvoll?

Wie kam ich dazu?

Vor zwei Monaten hatte ich mich mit dem Seedmatch-Funding-Index auseinandergesetzt. Das ist eine Renditeberechnung, die die Plattformbetreiber in Zusammenarbeit mit der Universität Oldenburg durchgeführt hatten.

Sie waren dabei zum Ergebnis gelangt, dass ein Anleger, der einfach stumpf jeweils den Mindestbetrag von 250 € in alle Fundings von 2011 bis 2016 investiert hätte, bis Ende 2019 eine jährliche Rendite von 16 % erzielt hätte. Hier ist mein erwähnter Artikel: Startup-Crowdinvesting: 16% Rendite pro Jahr mit Seedmatch?

Im besagten Artikel hatte ich versucht, die Ausführungen des von Seedmatch dazu veröffentlichten Dokumentes nachzuvollziehen. Ein Nachrechnen war mangels genauer Zahlen zu den einzelnen Unternehmen jedoch leider nicht möglich.

Aber von ein paar (wenigen) Investments ist bekannt, dass sie den Einsatz vervielfacht haben. Deshalb glaube ich daran, dass die angegebene Gesamtrendite von 16 % pro Jahr rechnerisch korrekt ist.

Allerdings wird es wohl kaum jemanden geben, der wirklich in alle diese Projekte investiert hat. So ist es nur eine theoretische Rendite. Wer es nicht geschafft hat, einen solchen Überflieger dabei zu haben, hat unterm Strich wohl ein negatives Ergebnis erzielt.

Aus dem Dokument zum Seedmatch-Funding-Index geht immerhin hervor, dass mindestens die Hälfte solcher Investments ausfallen oder zumindest vom Ausfall bedroht sind. Seedmatch betont zwar, dass das in Wirklichkeit nicht alles Ausfälle sein müssen, aber machen wir uns nichts vor! Wenn erst einmal Insolvenz angemeldet ist, bekommen die nachrangigen Gläubiger, also die Crowdinvestoren, wohl kaum noch etwas vom Kuchen ab. Da hilft das Argument „Erst wenn das Insolvenzverfahren abgeschlossen ist, bekommt ein Investment das Gescheitert-Label“ auch nicht weiter.

Startup-Crowdinvesting ist also sehr riskant, die erwartete Rendite von im Schnitt 16 % pro Jahr nur ein theoretisches Konstrukt. Trotzdem birgt es Chancen, die für eine (überlegte) Spielerin wie mich interessant sind. Deshalb habe ich beschlossen, doch ab und zu ein Minimalinvestment in diesem Bereich zu wagen, jedoch nur, wenn ich ein Projekt für aussichtsreich halte.

Dazu gehört mehr, als nur die Idee toll zu finden. Außerdem darf die Rendite nicht gedeckelt sein. (Ein paar Gedanken dazu hatte ich hier aufgeschrieben: Crowdinvesting in Startups: Wie sich Chancen erhöhen und Risiken senken lassen)

Heute stelle ich dar, wie sich mein Entscheidungsprozess zu Startup-Crowdinvestments bei Seedmatch* momentan gestaltet und zeige das am Beispiel von KERNenergie Store.

So prüfe ich ein Angebot

Schritt 1: Mein Eindruck vom Pitch-Video

Zuerst schaue ich mir das Pitch-Video an. Mir ist klar, dass dort alles möglichst positiv dargestellt ist. Für einen ersten Eindruck und ein erstes Bauchgefühl ist es jedoch geeignet. Ich stelle mir während bzw. nach dem Betrachten des Videos drei Fragen:

Frage 1: Kann ich etwas mit der Idee anfangen oder interessiert sie mich zumindest?

Frage 2: Ist die Zielgruppe groß genug oder wirklich so groß, wie sie von den Jungunternehmern in der Präsentation dargestellt wird?

Frage 3: Traue ich den Personen die Sache zu? (Ich achte auf deren Auftreten und auf mein Bauchgefühl.)

Wenn ich nur eine dieser drei Fragen mit „nein“ beantworte, kommt das Projekt für mich nicht in Frage und ich kann mir die nächsten Schritte sparen.

Schritt 2: Meine Meinung zum Produkt oder zur Dienstleistung

Hier richten sich meine Untersuchungen und Überlegungen nach der Art des Produktes. Es geht hier darum, die Behauptungen zum Produkt oder zur Dienstleistung nachzuprüfen, sofern das möglich ist. Im Wesentlichen beantworte ich zwei Arten von Fragen.

Frage(n) 1: Ist das Produkt/die Dienstleistung wirklich so gut? Kann ich das irgendwie mit wenig Aufwand testen? Habe ich einen positiven Eindruck?

Frage(n) 2: Wie wird es bereits jetzt vermarktet? Schaffen sie es meiner Meinung nach, ihre Zielgruppe zu erreichen? (Ein noch so tolles Produkt nutzt ja nichts, wenn es niemand findet.)

Auch hier würde nur ein „nein“ wieder ein Aussortieren bedeuten. Ansonsten geht es mit dem abschließenden Schritt weiter.

Schritt 3: Zahlen, Fakten, Chancen

Erst in diesem Schritt beschäftige ich mich mit den im geschützten Bereich von Seedmatch zugänglichen Details. Ich schaue mir das VIB (Vermögensanlagen-Informationsblatt) und die Geschäftszahlen und –prognosen an. Ich ermittle, wie groß mein Anteil am Unternehmen durch mein kleines Investment sein wird und überlege, wie hoch meine Gewinnchancen sind.

Wenn das alles für mich OK ist, investiere ich.

Praxisbeispiel: Warum also KERNenergie Store?

Das Geschäft von KERNEnergie ist im Video gut dargestellt und einfach zu verstehen: Superfrische Snacks aus Nüssen. Ein sehr ansprechendes Sortiment abgerundet durch besondere Manufaktur-Schokoladen und Weine. Alles Premium.

Die Argumente aus der Präsentation sind sehr geradlinig und leuchten mir ein. Sie haben bereits zwei Stores, zeigen wie es dort aussieht und ich kann die frischen Leckereien schon beim Ansehen regelrecht riechen. Trotz Corona ging es mit ihren beiden Läden in Hamburg aufwärts, denn sie durften öffnen, da sie zum Lebensmittelhandel gehören.

Mir gefiel das Konzept, soweit aus dem Video zu entnehmen, schon ganz gut. Vor allem fiel mir sofort auf, dass sie wohl ziemlich unabhängig agieren können. Sie produzieren selbst und müssen nicht um Listings in irgendwelchen Bio- oder Supermärkten kämpfen, sondern haben ihre eigenen Läden und wollen weitere eröffnen. Außerdem denken sie gleich noch an eine Franchise-Lösung.

Beantwortung meiner Fragen im Schritt 1

Antwort 1: Ja, ich verstehe die Idee und halte sie für sinnvoll.

Antwort 2: Zwar wird nicht jeder, der sich vor dem Fernseher bisher tonnenweise Chips eingeworfen hat, nun auf KERNenergie umsteigen. Aber sicher gibt es genug Leute, die etwas bewusster und leckerer genießen möchten: die typischen Bio-Läden-Kunden, aber auch die gelegentlichen Kunden von Bio-Läden. Ich denke, dass diese Klientel auch gern einen KERNenergie Store besuchen wird.

Antwort 3: Ja, ich habe insbesondere vom Geschäftsführer, Denis Burghardt, einen kompetenten Eindruck. Der brennt dafür und das schon seit Jahren.

Meinen ersten Test hat die Idee also bestanden.

Schritt 2: Die Produkte

Der nächste Teil hat mir besonderen Spaß gemacht. Der Produkttest!

Sind die Sachen wirklich so lecker und einzigartig, wie im Video präsentiert? Am liebsten hätte ich einen der beiden Stores besucht, jedoch sind die in Hamburg. In Berlin gibt es noch keinen, der soll erst im Rahmen des aktuellen Projektes entstehen. Aber immerhin gibt es einen Online Shop*. Da habe ich mir gleich mal drei verschiedene Produkte bestellt.

Ich zeige hier eigene Fotos.

Meine Bestellung:

Foto meiner drei bei KERNenergie bestellen Produkte

Es handelt sich dabei um

Was ist im Snack-Set drin?

Insgesamt vier Sorten Knabbernüsse:

  • Wasabinüsse
  • Rauchmandeln
  • Safari (Mischung)
  • Sweet & Salty (Mischung)

So verpackt:

Foto vom geöffneten Snack-Set

Die einzelnen Dosen:

Foto der vier im Snack-Set enthaltenen Dosen mit Knabber-Nüssen

Der Geschmackstest:

Die Nusscreme ist sehr aromatisch, riecht äußerst appetitlich und vor allem: Sie kommt ohne Zuckerzusatz aus und hat nur die eigene leichte Süße aus den Nüssen (Cashew und Macadamia).

Die Schokolade macht süchtig. Zum Glück waren es nur 50 g. Denn auch 100 g hätte ich auf einmal aufgefr…gessen.

Die Knabbernüsse: Bisher habe ich zwei der vier Sorten probiert (Rauchmandeln und die Safari-Mischung) und fand sie ebenfalls prima.

Antwort 1: Produkttest mit Bravour bestanden. Einen persönlichen Eindruck von einem der Läden in Hamburg habe ich leider nicht, aber ich denke, dass es mir dort gefallen würde.

Antwort 2: Schon im Online-Shop von KERNenergie ist alles so ansprechend dargestellt, dass ich mehr bestellt habe, als ich eigentlich wollte. Mich dazu zu bringen bedeutet schon etwas. Sie wissen, welche Knöpfe sie drücken müssen. Ich traue ihnen das erforderliche Marketing auch für die Stores zu.

Auch diesen Test hat das Projekt also bestanden.

Schritt 3: Zahlen, Fakten, Chancen

Wie bei allen Anlagen vom Typ „Seed Investment“ handelt es sich um ein unbesichertes partiarisches Nachrangdarlehen.

Ich verliere mein eingesetztes Geld, wenn die Sache schiefgeht. Also muss im Gegenzug dafür eine angemessene Gewinnchance geboten werden. Wie sieht diese aus?

Diese besteht – wie bei allen Seed Investments – aus drei Teilen:

Teil 1: Basisverzinsung von 1 % pro Jahr bis zum Laufzeitende. Diese Zinsen werden erst am Laufzeitende gezahlt. Bei meinem Minimalinvestment von 250 € sind das 2,50 € pro Jahr. Die Minimalvertragslaufzeit ist bis zum 31.12.2025. Also sind es nicht ganz fünf Jahre, so kommen nicht ganz 5 x 2,50 € = 12,50 € dafür heraus. Das haut natürlich niemanden vom Hocker und ist auch nur der Trostpreis, wenn es geradeso überlebt.

Teil 2: Gewinnabhängige, jährliche Bonuszinsen, sobald der Break-Even erreicht ist. Das ist schon interessanter, lässt sich aber nicht genau im Voraus kalkulieren, sondern nur schätzen.

Teil 3: Exit-Beteiligung oder erfolgsabhängiger Bonuszins bei Vertragsende. Auch das lässt sich nicht genau kalkulieren.

Ich versuche nun, ein paar Schätzungen zu Teil 2 und Teil 3 anzustellen. Dazu muss ich natürlich wissen, wie sich die in Teil 2 und 3 avisierten Bonuszinsen berechnen. Diese sind abhängig von meiner Investmentquote. Um diese Quote zu ermitteln, benötige ich zwei Zahlen, und zwar den Wert des Unternehmens und die Höhe meines Investments. Damit kann ich berechnen, welchen Anteil mein Investment am Unternehmenswert hat.

Das Unternehmen wird vor dem Funding mit 2.700.000 € bewertet. Nun sollen aber mindestens 100.000 € bzw. höchstens 600.000 € durch die Crowd dazukommen. Nehmen wir an, es kommen die vollen 600.000 € zusammen. Dann ist der Wert des Unternehmens 2.700.000 € + 600.000 € = 3.300.000 €.

Damit berechnet sich für mein geplantes Investment von 250 € die Investmentquote:

250 : 3.300.000 = 0,0000757576 = 0,00757576 %

Da ich schnell genug investiert habe, um den Early-Bird-Bonus zu erhalten, bekomme ich eine um 10 % höhere Investmentquote, also 0,00833334 %.

Dieser Anteil vom Gewinn steht mir als Bonuszins (siehe Teil 2) jährlich zu, sofern Gewinn erzielt wird. Macht die KERNenergie Store GmbH zum Beispiel einen Gewinn (Jahresüberschuss) von 50.000 €, kommen für mich 50.000 € x 0,0000833334 = 4,17 € heraus. Bei 100.000 € Gewinn sind es 8,34 €, bei 500.000 € sind es 41,67 € usw.

Der einmal zu zahlende Bonuszins bei Vertragsende durch Kündigung (siehe Teil 3) ist abhängig von Umsatz und Betriebsergebnis im entsprechenden Jahr, sofern der Gewinn positiv ausgefallen ist. Umsatz bzw. Betriebsergebnis gehen in die Berechnung des Unternehmenswertes zum Zeitpunkt der Kündigung ein. Dieser Unternehmenswert wird dann mit meiner Investmentquote multipliziert und mein Investment (250 €) abgezogen.

Nehmen wir an, der entsprechend ermittelte Unternehmenswert zur Zeit der Kündigung beträgt 10.000.000 €. Mein Anteil daran sind 10.000.000 € x 0,0000833334 = 833,33 €. Davon wird mein Investment, das ich dann wieder zurückerhalte, abgezogen. Dieser einmal zu zahlende Bonuszins beträgt also 833,33 € – 250 € = 583,33 €.

Betrachten wir ein nicht ganz so optimistisches Szenario, z. B. einen Unternehmenswert von 5.000.000 €. Dann beträgt mein Bonuszins 5.000.000 € x 0,0000833334 – 250 € = 166,67 €.

Bei einem Exit bekomme ich als Bonuszins meinen Anteil aus dem Exiterlös auch wieder entsprechend meiner Investmentquote abzüglich meiner Investmentsumme. Wird das Unternehmen für 10.000.000 € verkauft, bekomme ich ebenfalls 583,33 € als Exit-Bonuszins usw.

Natürlich sind das alles sehr optimistische Zahlenspielereien. Die Zahlen sind alle nur geschätzt und auch die eigene Investmentquote kann anders ausfallen, wenn noch weiteres Kapital aufgenommen wird.

Als registrierter Nutzer hat man Einblick in Schätzungen zur Gewinn- und Verlustrechnung. Ich darf hier keine konkreten Zahlen aus dem geschützten Bereich verraten. Aber es kann sich jeder bei Seedmatch* registrieren und hat dann Einblick in das Zahlenmaterial.

Nur so viel: Es gibt zu jedem Projekt einen für alle zugänglichen Renditerechner. Dieser ist mit den Schätzungen zum Ende der Minimallaufzeit vorbelegt. Das sind natürlich die Schätzungen des jeweiligen Unternehmens und die sind von Natur aus sehr optimistisch. Aber es lassen sich ja auch kleinere Zahlen ausprobieren, so dass man einen ungefähren Eindruck des möglichen Ergebnisses erhält.

Die Zahlen aus dem Renditerechner weichen für mein Beispiel zwar von meinen Schätzungen ab, bewegen sich aber in etwa in dem Bereich. Insofern ist der Rechner recht brauchbar.

Wenn das Projekt allerdings schiefgehen sollte, nutzen natürlich alle schönen Kalkulationen nichts.

An einen Exit glaube ich hier zwar nicht, eher an eine Kündigung mit Bonuszinszahlung, sofern es gut läuft. Die Gewinnchance ist für mich ausreichend, um das Risiko einzugehen. Also habe ich investiert.

Sonstiges

KERNenergie hatte im Jahr 2014 bereits ein Crowdfunding auf Seedmatch durchgeführt. Das aktuelle Funding ist jedoch keine Anschlussfinanzierung dazu, sondern bezieht sich auf ein neues Projekt (KERNenergie Store). Das damalige Projekt ist mit „Bonuszins-Auszahlung“ gekennzeichnet. Zwar ist nicht erkennbar, wie hoch diese ausgefallen ist, aber immerhin gab es mehr als die Basisverzinsung.

Warum nicht die anderen Projekte?

Die anderen Angebote der letzten zwei Monate habe ich schon im Schritt 1 – also nach dem Anschauen des Videos – ausgeschlossen. Vielleicht schreibe ich über meine Gedanken dazu noch einen oder mehrere Extra-Artikel. Der heutige Artikel ist schon lang genug.

Wie geht es weiter?

Ich schaue ab und zu nach weiteren Investments, die mir sinnvoll erscheinen. Ich werde zunächst nicht mehr als insgesamt zehn solcher Seedmatch-Investments zu je 250 € eingehen.

Ich bin gespannt, ob ich für Startup-Ideen bereits das richtige Gespür habe oder es entwickeln kann. Naja, etwas Glück gehört sicher auch dazu. Im schlimmsten Fall kostet mich die Sache insgesamt 2.500 €. Lernen werde ich auf jeden Fall etwas daraus.

Disclaimer

Was ich hier darstelle, ist keine Aufforderung zum Nachmachen. Meine Einschätzungen beruhen einzig und allein auf meiner persönlichen Meinung und können falsch sein. Diese Geldanlage birgt neben hoher Rendite-Chance ein Totelverlust-Risiko.

Willst du es trotzdem wagen?

Wenn du Seedmatch* trotzdem ebenfalls ausprobieren möchtest, kannst du zum Beispiel noch bis zum 27.05.2021 für KERNenergie Store den Early Bird Bonus in Anspruch nehmen. So wird deine Rendite im Erfolgsfall ein klein wenig höher ausfallen.

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