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Was passiert bei einer Scheidung mit Aktien, ETFs und Rentenansprüchen?

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Niklas Clamann

Nahezu jede Trennung oder Scheidung bringt die Notwendigkeit mit sich, dass sich die Ehegatten mit finanziellen Aspekten auseinandersetzen. In den seltensten Fällen haben die Ehegatten trotz Ehe vollkommen unabhängig voneinander gewirtschaftet. Inwiefern der Gesetzgeber im Falle des Scheiterns der Ehe auch eine Trennung in finanzieller Hinsicht regelt, wie diese in der Praxis insbesondere in Bezug auf Aktien, ETFs und Kryptos realisiert wird und weshalb Sie bestenfalls schon zu Beginn der Ehe einen Ehevertrag aufsetzen sollten, erkläre ich in diesem Beitrag.

Was passiert mit den Rentenansprüchen? Der Versorgungsausgleich

Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass mit jeder Ehescheidung unter deutschen Staatsbürgern, die mindestens drei Jahre verheiratet waren, auch ein Ausgleich der während der Ehe erwirtschafteten Rentenanwartschaften stattfinden soll. Im Rahmen dieses sogenannten Versorgungsausgleichs gibt jeder Ehegatte die Hälfte dessen, was er während der Ehe in die Rentenkasse eingezahlt hat, an den anderen Ehegatten ab.

Davon umfasst werden grundsätzlich alle Altersversorgungen, die im Alter eine Rente bzw. Pension auszahlen. Neben der gesetzlichen Rentenversicherung weden also auch berufsständische Versorgungseinrichtungen, Beamtenversorgungen und private Rentenversicherungen, sofern diese auf Rentenbasis abgeschlossen wurden, ausgeglichen.

Der Ausgleich im Rahmen des Versorgungsausgleichs funktioniert für jede Art der Rentenversicherung auf die gleiche Art und Weise:

Zunächst holt das Familiengericht bei der Rentenversicherung, nehmen wir als Beispiel die gesetzliche Deutsche Rentenversicherung (DRV), eine Auskunft darüber ein, in welcher Höhe ein Ehegatte dort während der Ehezeit Rentenbeiträge eingezahlt hat. Die DRV teilt dem Familiengericht dann den sogenannten Ehezeitanteil, also den Gesamtbetrag aller während der Ehezeit von dem Ehegatten geleisteten Rentenbeiträge mit. Der Ehezeitanteil wird hälftig geteilt, sodass sich der sogenannte Ausgleichswert ergibt. Dieser Ausgleichswert wird dann mit Rechtskraft der Ehescheidung auf das Rentenkonto des anderen Ehegatten bei der DRV, sofern vorhanden, übertragen. Umgekehrt wird auch für den anderen Ehegatten der Ausgleichswert übermittelt und überwiesen.

Die Besonderheit beim Versorgungsausgleichsverfahren besteht darin, dass dieses vom Familiengericht automatisch gemeinsam mit dem Ehescheidungsverfahren durchgeführt wird. Ausnahmen bestehen bei Ehen von kurzer Dauer, also wenn die Ehezeit unter drei Jahren liegt oder für den Fall, dass beide Ehegatten die Staatsbürgerschaft eines Staates besitzen, in dessen Familienrecht ein Versorgungsausgleich nicht vorgesehen ist. In diesen Fällen wird der Versorgungsausgleich nur auf Antrag eines Ehegatten durchgeführt.

Wie werden Vermögenswerte – auch Aktien und ETFs – behandelt? Der Zugewinnausgleich

Anders als der Versorgungsausgleich wird der Zugewinnausgleich vom Familiengericht nicht automatisch gemeinsam mit der Ehescheidung, sondern nur auf Antrag eines Ehegatten durchgeführt. Schon an dieser Stelle zeigt sich, dass die weit verbreitete Ansicht, bei jeder Scheidung würden die Ehegatten einander die Hälfte ihres jeweiligen Vermögens abgeben müssen, nicht der tatsächlichen Praxis entspricht.

Im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens wird der während der Ehezeit erwirtschaftete Zugewinn, also das hinzugewonnene Vermögen beider Ehegatten zum Ende der Ehe, ausgeglichen. Für jeden Ehegatten wird dabei gesondert geprüft, welches Vermögen am Tag der Eheschließung vorhanden war und inwiefern sich dieses zum Ende der Ehe, also zum Datum der Zustellung des Scheidungsantrags an den anderen Ehegatten, erhöht hat. Das hinzugewonnene Vermögen wird als Zugewinn bezeichnet.

Als Vermögen werden dabei beispielsweise Bankguthaben, Bargeld, PKW, Immobilien, Wertpapiere, Lebensversicherungen, Lottogewinne, Luxusgüter oder Unternehmensanteile berücksichtigt. Also zählt auch jeder Gewinn, den ich während der Ehezeit aus meinem Depot aus Aktien, ETFs, Kryptos etc. ziehe (beispielsweise Wertveränderungen gegenüber dem Kaufkurs oder Gewinne durch höhere Bewertung einer Immobilie), als Zugewinn, der im Rahmen des Zugewinnausgleichs aufzuteilen wäre.

Gemeinsame Depots sind auch beiden Ehegatten gleichermaßen anzurechnen, weshalb hier kein Ausgleich stattfindet. In rechtlicher Hinsicht haben hier die Ehegatten jeweils Anspruch auf die Hälfte dieses Depots. In der Praxis haben sich die Ehegatten zu einigen, ob jeweils die Hälfte der Wertpapiere auf zwei Einzeldepots übertragen werden oder das Depot verkauft und der Erlös aufgeteilt wird.

Übersteigt der Zugewinn eines Ehegatten den Zugewinn des anderen Ehegatten, findet ein Ausgleich statt. Die Differenz des Zugewinns beider Ehegatten wird hälftig geteilt und an den Ehegatten mit dem geringeren Zugewinn überwiesen. So wird der Zugewinn beider Ehegatten ausgeglichen, beide haben am Ende der Ehe nach durchgeführtem Zugewinnausgleich einen Zugewinn in gleicher Höhe.

Dieses Vorgehen lässt sich am besten anhand eines vereinfachten Beispiels erklären:

Ehegatte A hatte zum Datum der Heirat 5.000 Euro auf dem Konto und ein Wertpapierdepot mit einem Wert von 5.000 Euro, also insgesamt ein Vermögen in Höhe von 10.000 Euro. Zum Datum der Zustellung des Scheidungsantrags an den anderen Ehegatten hatte Ehegatte A 10.000 Euro auf dem Konto und das Wertpapierdepot war im Wert mitterweile auf 10.000 Euro gestiegen, also hatte er zu diesem Zeitpunkt ein Gesamtvermögen im Wert von insgesamt 20.000 Euro. Die Differenz des Vermögens zu beiden Stichtagen, also 10.000 Euro, bilden den Zugewinn des Ehegatten A.

Der Zugewinn von Ehegatte B beträgt nach Berechnung der Differenz zwischen Anfangs- und Endzeitpunkt lediglich 2.000 Euro. Der Zugewinn des Ehegatten A übersteigt in diesem Beispiel also den des Ehegatten B. Die Differenz beträgt hier 8.000 Euro. Die Hälfte dieser Differenz, also 4.000 Euro, sind vom Ehegatten mit dem höheren Zugewinn, also von Ehegatte A, an den Ehegatten mit dem geringeren Zugewinn, also Ehegatte B auszukehren. Ehegatte A hat von seinem Zugewinn in Höhe von 10.000 Euro also 4.000 Euro abgegeben und ihm verbleibt noch ein Zugewinn in Höhe von 6.000 Euro. Ehegatte B hat zu seinem Zugewinn in Höhe von 2.000 Euro von Ehegatte A noch 4.000 Euro überwiesen bekommen und somit am Ende ebenfalls einen Zugewinn in Höhe von 6.000 Euro.

Hier wird deutlich, wie sich die Wertsteigerung des Depots des Ehegatten A auf den Zugewinnausgleich auswirkt. Wäre sein Depot im Wert nicht gestiegen, hätte er zum Endzeitpunkt lediglich ein Gesamtvermögen in Höhe von 15.000 Euro und somit einen Zugewinn in Höhe von 5.000 Euro gehabt. Wäre sein Depot sogar im Wert gesunken und würde sich zum Endzeitpunkt auf 2.000 Euro belaufen, so hätte er lediglich einen Zugewinn in Höhe von 2.000 Euro erwirtschaftet. Dann wäre keine Ausgleichszahlung zu leisten.

Schuldet Ehegatte A eine Ausgleichszahlung und kann die Überweisung nicht leisten, muss er Vermögenswerte veräußern. Denn im schlimmsten Fall kann Ehegatte B einen gerichtlichen Beschluss über den Zahlungsanspruch erwirken und daraus die Zwangsvollstreckung gegen Ehegatte B betreiben.

Der Ehevertrag als Absicherung

Wer sich um sein hart erarbeitetes Vermögen oder seine Gewinne aus unterschiedlichen Investitionen sorgt, kann sich gegen Ansprüche des Ehegatten in Form eines Ehevertrags absichern. Ein Ehevertrag trägt den schlechten Ruf mit sich, unromantisch zu sein. Die wenigsten Heiratswilligen möchten sich zu Beginn der Ehe damit beschäftigen, was im Fall des Scheiterns der Ehe gelten soll. Dabei ist es gerade zu diesem Zeitpunkt besonders günstig, gemeinsame Regelungen rechtswirksam festzuhalten. Beide Ehegatten verstehen sich gut und können im beiderseitigen Einverständnis faire Regelungen treffen. Soll eine Einigung erst getroffen werden, wenn die Ehe bereits gescheitert ist und in den meisten Fällen Streit besteht, sind die Fronten oft verhärtet, was das Treffen einer Einigung massiv erschwert.

Ein Ehevertrag ist allerdings nicht immer zwingend notwendig. Sind sich beide Ehegatten auch nach Scheitern der Ehe noch einig, dass eine Aufteilung des Vermögens im Rahmen des Zugewinnausgleichs nicht stattfinden soll, wird nur der Versorgungsausgleich (zu den Rentenansprüchen usw.) durchgeführt. Während der Ehe angelegte Aktien, ETFs und Kryptos behält jeder Ehegatte für sich.

Um dieses gegenseitige Versprechen aber für den Fall der Fälle abzusichern, kann ein notarieller Ehevertrag oder aber eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen werden, in der die Durchführung des Zugewinnausgleichs für den Fall der Ehescheidung modifiziert oder ganz ausgeschlossen wird. Alternativ kann der Zugewinnausgleich im Ehescheidungsverfahren durch einen Vergleich vor Gericht modifiziert oder ausgeschlossen werden, wenn beide Ehegatten im Ehescheidungsverfahren anwaltlich vertreten sind. Eine Modifikation kann beispielsweise sein, dass beide Ehegatten vereinbaren, dass Gewinne aus Aktiendepots beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt werden sollen. Um Streitigkeiten hinsichtlich der Auflösung gemeinsamer Depots zu vermeiden, kann auch hier vorab eine ehevertragliche Regelung getroffen werden.

In einem Ehevertrag oder einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung kann darüber hinaus auch eine Modifikation oder sogar ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart werden.

Fazit

Die Auseinandersetzung der finanziellen Verhältnisse im Rahmen einer Trennung oder Scheidung gestaltet sich in den meisten Fällen sehr komplex. Insofern empfiehlt es sich, schon zu Beginn der Ehe diesen Fall durchzusprechen und möglichst einen Ehevertrag aufzusetzen. Zudem sollten Wertpapierdepots von vornherein getrennt angelegt werden. Wer seine während der Ehe erzielten Gewinne aus seinem Depot für sich behalten möchte, kann dies im Ehevertrag so vermerken.

Der Autor: Rechtsanwalt Niklas Clamann

Rechtsanwalt Niklas Clamann

Herr Clamann beschäftigt sich mit dem Familienrecht und hat sich in seiner Kanzlei in Münster auf das Verfahren der Online Scheidung spezialisiert.

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Eine Antwort auf „Was passiert bei einer Scheidung mit Aktien, ETFs und Rentenansprüchen?“

Ach, wenn das alles nur so einfach wäre…
Bei BAV-s gibts Bagatellgrenzen beim Versorgungsausgleich.
Kommt eine Erkrankung des nach der Scheidung bedürftig gewordenen Partners zum Vorschein so könnte man auch von Sittenwidrigkeit reden.
Hier ist dann der Eintreiber der Staat…
Das Leben ändert sich oft schnell, so vor Notar, oder dem Anwalt gemachte Testamente werden oft nicht, auch bei Gesetzesänderungen, aktualisiert da es hier ein Werbeverbot gibt.
Von den Kosten möchte man da gar net mal reden.
Oft reicht ein gesetzkonformer, handgeschriebener Zettel als Willensbestimmung.
Am Tag der Ehe, beide auf Null, der eine geht arbeiten, sie macht den Haushalt und kümmert sich um die gemeinsamen Kinder, da ist es doch nur fair wenn dann beide nach der Trennung mit 50 zu 50 aus der Sache gehen.
Umsonst heißt es ja nicht, es prüfe wer sich ewig bindet.
was wäre das leben, so ohne dem „just for fun“
oder gar, „no risk, no fun“

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