„Da liegt das Geld auf dem Konto und verschimmelt“, sagt Johannes zu seiner Frau Annemarie. Die beiden sind immer vernünftig mit ihrem Geld umgegangen. Sie haben zwar nie viel verdient, aber immer gut gehaushaltet und regelmäßig etwas in den Topf für schlechte Zeiten oder Sonderwünsche gesteckt.
Wirklich schlechte Zeiten sind für ihre Familie zum Glück nie eingetreten. Ab und zu ist zwar mal etwas kaputt gegangen und musste ersetzt werden, oder Sohnemann hat mal was versemmelt, aber das hielt sich im Rahmen und der Spartopf füllte sich immer wieder.
So viele Sonderwünsche hatten sie auch nicht. Nun sind beide um die sechzig, der Sohn ist aus dem Haus und steht auf eigenen Füßen.
„Naja, wenn das unsere einzige Sorge ist“, entgegnet Annemarie. „Wir hatten doch immer ziemliches Glück, oder?“
Johannes lächelt. „Ja, du hast recht. Aber ich mache mir so meine Gedanken, ob wir das Geld nicht irgendwie besser anlegen könnten. Früher gab es noch schöne Zinsen aufs Tagesgeld, aber heute kann man froh sein, wenn sie einem nicht noch etwas abziehen. Das ist doch Mist.“
So oder ähnlich geht es heute sicher einigen. Die gute Nachricht: Auch wer heute nicht mehr in den Zwanzigern und Dreißigern ist, hat doch noch einen gewissen Anlagehorizont, denn die Lebenserwartung steigt immer weiter.
Heute möchte ich Ideen zeigen, wie man die Börse nutzen kann, um mit moderatem Risiko etwas mehr als Tagesgeld-Hopping-Zinsen herauszuholen – und sogar relativ zeitnah.
Tagesgeld-Hopping lohnt immer weniger
Was ist Tagesgeld-Hopping? Das ist die Methode, mit seinem Geld von Bank zu Bank zu ziehen, um immer wieder zeitlich begrenzte Neukundenangebote anzunehmen, für die es etwas mehr Tagesgeldzinsen gibt als inzwischen üblich. Vor ein paar Jahren hat sich das noch gelohnt. Inzwischen kommt nicht mehr viel dabei heraus. Außerdem stammen viele Angebote von Banken im Ausland, wo man eigentlich nicht investieren möchte – Einlagensicherung hin oder her. Hier ist ein aktueller Tagesgeldrechner, damit du dir selbst einen Eindruck verschaffen kannst:
Natürlich ist es sinnvoll, nach wie vor einen Teil des Geldes für den Notfall in Form von Tagesgeld zu halten. Dazu muss man damit jedoch nicht von Bank zu Bank springen.
Etwas anderes muss her
Wenden wir uns nun dem anderen Teil zu, der zwar mit etwas mehr Risiko, aber dafür zu möglichst kontinuierlichem Ertrag angelegt werden soll.
Bleiben wir bei Johannes und Annemarie und nehmen an, sie haben 40.000 € zum Investieren übrig. Natürlich funktioniert das Ganze auch mit mehr Vermögen, aber hier geht es um einen etwas zu groß geratenen Notfalltopf, der zum Teil anders angelegt werden soll.
Idee 1: Die ganz einfache Lösung
Möglichst breit gestreut in Aktien der ganzen bzw. industrialisierten Welt investieren über nur einen ausschüttenden ETF, z. B. einen von diesen beiden:
- Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (WKN: A1JX52)
- HSBC MSCI World UCITS ETF (WKN: A1C9KK)
Die Ausschüttungsrendite liegt meistens um die 1,3% bis 1,8%. Das richtet sich natürlich danach, zu welchem Preis man die Anteile kauft.
Die globale Wirtschaft und damit auch die Unternehmen, in die hier investiert wird, wachsen langfristig gesehen. Damit wachsen auch die Anteilspreise auf lange Sicht, im Schnitt zwischen 7% und 9% jährlich.
Allerdings kann es kurzfristig gesehen auch mal rasant nach unten gehen, wie z. B. in der diesjährigen Corona-Krise. Da ging es mit solchen Investments zwischenzeitlich ungefähr 30% abwärts. Das ist aber inzwischen wieder aufgeholt.
Hier in konkreten Zahlen für Johannes‘ und Annemaries 40.000 €:
Jährliche Ausschüttungen: je nach Kaufpreis der Anteile anfänglich etwa 520 € bis 720 €, Tendenz von Jahr zu Jahr steigend wie auch der Wert der Anteile.
Ein zwischenzeitlicher Rückgang von bis zu 30% bedeutet, dass der Wert der Anteile auf 28.000 € fällt. Das muss man aushalten, aber es erholt sich immer wieder.
Wer es schafft, mitten in solch einem Crash zu kaufen, wie wir ihn in diesem Jahr hatten, wird mit höheren Renditen belohnt. Solche Situationen sind jedoch äußerst selten und nicht vorhersagbar.
Die Ausschüttungen beider obiger Beispiel-ETFs finden viermal im Jahr anteilig statt. Der Vanguard-ETF zahlt im März, Juni, September und Dezember. Der ETF von HSBC im Januar, April, Juli und Oktober. Viermal im Jahr gibt es also zwischen 130 € und 180 €.
Nun könnte man auf die Idee kommen, in beide ETFs zu investieren, jeweils mit einem Teil des Kapitals, um so zu acht Zahlungen im Jahr zu kommen. Vielleicht findet man noch einen dritten, der in den übrigen vier Monaten, also Februar, Mai, August und November, ausschüttet. Dann hätte man ein Depot mit monatlichen Ausschüttungen zwischen 43 € und 60 €.
In drei ETFs mit genau diesen Ausschüttungszeitpunkten zu investieren, ist keine schlechte Idee, aber die Kombination aus den beiden oben genannten ist ungünstig, da sie in vielen Positionen übereinstimmen. So vergibt man die Chance, sein Investmentuniversum zu vergrößern.
Idee 2: Drei grundverschiedene ETFs geschickt kombinieren
Für den zweiten „Bauplan einer Zusatzrente“ habe ich mir drei ETFs herausgesucht, die
- verschiedene Investmentideen
- höhere Ausschüttungsrenditen
- zusammen eine Zahlung jeden Monat
bieten. So etwas entspricht einer monatlichen Zusatzrente schon eher.
Das sind sie:
- iShares STOXX Global Select Dividend 100 UCITS ETF (DE) (WKN: A0F5UH)
- iShares Developed Markets Property Yield UCITS ETF (WKN: A0LEW8)
- Invesco US High Yield Fallen Angels UCITS ETF Dist (WKN: A2AN8T)
Damit investiert man in drei Bereiche – globale Aktien, Immobilien und Anleihen.
Der erste, der Aktien-ETF, ist zwar nicht so überaus breit gestreut wie die beiden zuvor genannten ETFs, aber immerhin enthält er über 100 gute Dividendenaktien.
Der zweite ETF investiert in Immobilienaktien und REITs. Dazu gehören nicht nur Wohnimmobilien, sondern auch Industriegebäude, Lager- und Logistikimmobilien, Funkmasten, Pflegeeinrichtungen, Freizeitimmobilien und Shopping-Center (OK – letztere sind momentan nicht der Brüller). Das ist wohl die einfachste Art des Immobilieninvestments, die es gibt.
Der dritte ETF ist ein Anleihen-ETF. Dieser investiert in Unternehmensanleihen. Es geht dabei um Geld, das ehemals großen Firmen, denen es nicht mehr so gut geht, zu hohen Zinsen geliehen wird. Die Aktien dieser Firmen würde man wahrscheinlich nicht kaufen, aber ihnen für ein paar Jahre mit gut bezahlten Krediten über die Runden helfen, schon eher.
Der Wert des gesamten Depots kann natürlich zwischenzeitlich ebenfalls sinken. Das ist vergleichbar mit dem vorigen Beispiel. Aber durchzuhalten lohnt auch hier.
Der erste der obigen drei ETFs schüttet im Januar, April, Juli und Oktober aus, der zweite im Februar, Mai, August und November und der dritte im März, Juni, September und Dezember. Damit gibt es monatliche Zahlungen.
Nun noch zu deren etwaiger Höhe. Die genaue Rendite richtet sich natürlich wieder nach den Kaufpreisen, aber es sollten in etwa 4%, 3% bzw. 5% für die drei ETFs herauskommen, also auf das ganze Depot gerechnet, etwa 4%. Selbst wenn wir sehr zurückhaltend kalkulieren, mit 3% bis 4%, bekommen Johannes und Annemarie für ihr investiertes Kapital von 40.000 € immerhin 1.200 € bis 1.600 € jährlich, d. h. 100 € bis 133 € monatlich.
Die Anteilswerte entwickeln sich langfristig zwar mit niedrigeren Steigerungsraten, dafür beginnen die Ausschüttungen bereits auf einem höheren Niveau, was für Anleger jenseits der jungen Jahre sicher begrüßenswert ist.
In meinem Beispiel bleiben die Ausschüttungen zunächst sogar noch innerhalb des Freibetrages für ein Ehepaar. Das heißt, Johannes und Annemarie haben davon keine Steuerabzüge.
Das Unvermeidliche
Mit diesem Artikel spreche ich keine Kaufempfehlung für die oben genannten ETFs aus. Sie dienen nur als Beispiel zur Veranschaulichung, was möglich ist. Die Idee lässt sich je nach eigenem Risikoempfinden und persönlicher Meinung anpassen.
Seiten zum Filtern nach geeigneten ETFs
Ich benutze gern die folgenden:
Na, die eigene Zusatzrente schon geplant?
Ist ganz schön tricky, oder?
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