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Ponzi-Schema!

Carlo Ponzi, ein italienischer Immigrant in den USA, hatte um 1920 eine Geschäftsidee. Durch Zufall bekam er mit, dass internationale Post-Antwortscheine in Europa nur ein Bruchteil dessen kosteten, was man in Amerika dafür bezahlen musste. Also gründete er eine Firma, stellte Mitarbeiter an, die diese Scheine in Europa für ihn kauften, um sie dann in Amerika mit Gewinn zu verkaufen. Er warb dazu Geld von Investoren an und versprach dafür extrem hohe Rendite: 50% innerhalb von 45 Tagen. Er zahlte zuverlässig, alles lief zunächst bestens.

Charles Ponzi

Die meisten Kunden fassten so großes Vertrauen, dass sie ihr Geld und ihre Gewinne weiterhin bei Ponzi anlegten. Es kamen immer wieder neue Investoren dazu, alle mit dem Traum vom schnellen Reichtum. Logistische Probleme begannen: Käufe und Verkäufe von Antwortscheinen waren in dem Umfang nicht mehr zu schaffen. Also ließ Ponzi sie ganz weg, denn es funktionierte auch so: Vom Geld der neuen Investoren bediente er die Forderungen alter Investoren und vor allem sich selbst.

Diese Vorgehensweise, alte Mitspieler mit dem Geld neuer Mitspieler zu bezahlen, ist unter dem Begriff Ponzi-Schema in die Geschichte eingegangen. So etwas gab es zwar schon vor seiner Zeit, jedoch hat Ponzi das in bisher rekordverdächtigem Umfang praktiziert. Irgendwann ebbte die Flut neuer Investoren ab und Skepsis machte sich breit. Die Sache flog auf.

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Ein-zwei Generationen später gab es jemanden, der Ponzis „Leistungen“ um ein Vielfaches übertraf: Bernard Madoff. Bei Ponzi ging es um Millionen, Madoff jedoch richtete Schaden in Milliardenhöhe an. Während bei Ponzi das Spiel nach Monaten vorbei war, hatte Madoff sein System soweit perfektioniert, dass er damit etwa 30 Jahre lang durchkam.

BernardMadoff

Sein vermeintlicher Investmentfonds wies Jahr für Jahr sehr gute Renditen auf, und zwar mit einer Zuverlässigkeit, die mit Wertpapierhandel eigentlich unmöglich ist. In Wirklichkeit betrieb er jedoch ein gigantisches Ponzi-Schema. Nicht nur Privatpersonen investierten bei ihm, sondern auch andere Investmentfonds aus aller Welt, sogar gemeinnützige Organisationen versenkten dort ihr Geld.

2007 begannen jedoch die Probleme, als sich mehrere Kunden im Zuge der Finanzkrise auszahlen ließen. Das System brach letztlich zusammen. Im Juni 2009 wurde Madoff zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt.

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Es gibt allerdings ein Ponzi-Schema, das bereits seit über 60 Jahren läuft und sogar seinen Schöpfer überlebt hat. Allerdings ist es ein legales System. Niemand soll damit betrogen werden. Ich wette, dass die meisten von uns daran beteiligt sind oder waren.

Wilfrid Schreiber

Worum geht es? Um die Deutsche Rentenversicherung in der Form, wie sie 1957 unter Konrad Adenauer eingeführt wurde. Das Umlageverfahren – ausgedacht von Wilfrid Schreiber: Vom Geld der neuen Mitspieler werden die alten Mitspieler bezahlt. Es ist ein Ponzi-Schema, nur dass sich niemand daran bereichert.

Dieses System war damals eine gute Lösung und funktioniert noch einigermaßen, weil keine Renditen für die „Investoren“ versprochen werden. So muss die Anzahl neuer Mitspieler nicht unendlich weiter steigen, um das System am Laufen zu halten. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass es aufgrund sinkender Anzahl Neuzugänge bröckelt und Defizite irgendwie durch Zuschüsse aus Steuergeldern ausgeglichen werden.

Sicherlich geht das noch eine ganze Weile gut. Möglicherweise verbessert sich die Lage zwischenzeitlich auch wieder. Trotzdem sollte sich jeder, den es betrifft, die Frage stellen: Möchte ich meinen zukünftigen Lebensstil einzig und allein von einem Ponzi-Schema abhängig machen, auch wenn es noch so gut gemeint ist? Oder denke ich zusätzlich über einen Plan B nach?

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Nachtrag

Als Antwort auf diesen Artikel habe ich den folgenden Comic zugeschickt bekommen und mir natürlich sofort die Erlaubnis zu dessen Veröffentlichung eingeholt.
Eisi und moderne Finanzinstrumente: Ponzi
Vielen lieben Dank dafür Stephan! Übrigens kann der Mann nicht nur lustig zeichnen und reimen, sondern auch professionell fotografieren. Hier geht’s zur Webseite mit einer Auswahl seiner Arbeiten: http://stephanpflug.de/

5 Antworten auf „Ponzi-Schema!“

Die Rente ist ein Ponzi-Schema, was vielleicht nicht aus böser Absicht etabliert wurde, aber einfach nicht mehr zur gegebenen Demografie und auch nicht zu den geringen Produktivitätssteigerungen in Deutschland passt: Man kann es auch daran sehen, dass die erzielte Rente um Längen geringer ausfällt als die Summe der Beiträge, die über Jahrzehnte geleistet worden sind. Das ist wirklich ein Skandal, aber es scheint viele gar nicht zu interessieren. Und Beamte, Politiker oder die Führungsebene von den Sendern im ÖRR schwimmen gleichzeitig in ihren Pensionen, für die sie nie bezahlt haben.
Der Geringverdiener zahlt ca. 160.000€ (AN- und AG-Anteil) für seine Rente ein. Er/sie bekommt ca. 45.000€ heraus. Der Gutverdiener zahlt 566.000€ ein (wieder AG- und AN-Anteil) und er bekommt 492.000€.
Seien wir ehrlich, beim Geringverdiener handelt es sich annähernd um einen Totalverlust und auch der Verlust beim Gutverdiener liegt bei mehr als 10%! Welcher Fonds oder welche Versicherung würde mit solchen Zahlen überleben können? Beim Staat kein Problem! Ein Inflationsausgleich gibt es z.B. gar nicht. In Zeiten von 2-3% p.a. noch vertretbar, bei 8-10% wie jetzt ein Riesenproblem.
Übrigens, hätte der Geringverdiener 40 Jahre lang sein Geld im DAX angelegt (mit einer durchschnittlichen jährlichen Wertsteigerung von 8.5% – inklusive aller Krisenjahre) könnte er leben wie ein König! Bei den im Beitrag unten verlinkten angenommenen 340€ pro Monat (die zu den 160.000€ in der DRV führen) würde er einen Kapitalstock von 1.5 Mio € erhalten!
All die Zahlen sind nachzulesen in der Wirtschaftswoche von 2019, Titel: „Die versteckte Ungerechtigkeit der Rente“.
Nach dem Krieg gab es sicherlich Bedarf nach einer schnellen Lösung, als die Kapitalanlagen ihren Wert verloren hatten. Aber heute bedarf es zumindestens eines Hybridsystems wie es einige Länder wie Schweden und die Niederlande recht erfolgreich praktizieren. Die DRV in ihrer jetzigen Form hat jede Legitimität längst verloren. Nur haben die Arbeitnehmer eben keine Wahl. Sie haben auch nicht selbst einen angeblichen „Generationvertrag“ unterschrieben. Er wird ihnen einfach aufgezwängt.

Nein klarer Einspruch – ein Umlageverfahren ist kein Ponzi-Schema!
Ich möchte hier Konrad Adenauer und seine Reformen die nach Krieg und Währungsreform notwendig wurden hier in Schutz nehmen und darum bitten sich vorher ein wenig zu informieren.
Beispielsweise in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Umlageverfahren#Umlageverfahren_in_Deutschland
Das Rentensystem VOR Adenauer war ein Kapitaldeckungsverfahren – dieses brach jedoch zusammen. (Krieg, Währungsreform)
Gerhard Mackenroth formulierte 1952 seine These dass die Sozialausgaben einer Volkswirtschaft immer aus dem laufenden Volkseinkommen erbracht werden müssen, Diese These ist m.E. auch heute mit Einschränkungen noch weitgehend richtig.
(m.E. gibt es Einschränkungen z.B. durch Globalisierung)
Ob ein kapitalgedecktes System angesichts des möglichen Zusammenbruch des Weltfinanzsystems (wie vor ca. 10 Jahren nur knapp abgewendet) einer Währung (ggf. Euro) oder des Zusammenbruchs einer Volkswirtschaft stabiler ist als ein Umlageverfahren halte ich keineswegs für sicher.
Sicher ist jedoch ein Umlageverfahren muß auf Umwälzungen durch die Demgraphie und Erhöhung der Lebensdauer der Teilnehmer des Systems reagieren. Aber auch bei einem Kapitaldeckungsverfahren ergeben sich Probleme durch die Demographie.

Ich habe nichts gegen das Rentensystem mit dem Umlageverfahren und habe mich vorher umfassend informiert. Ja, es war damals die einzig richtige Lösung. Es geht mir hier auch nicht darum, anzuprangern. Wollte einfach mal zur Übernahme von Verantwortung sensibilisieren. Für jemanden, der sich nur aufs System verlässt und dann später in Altersarmut dasteht, ist es nämlich kein großer Trost, dass das System vom Prinzip her richtig ist.

Ein transparentes und gesetzlich reguliertes Umlageverfahren, das systematisch Rücklagen bildet und Sicherungsmaßnahmen enthält, mit einem Ponzi-Schema gleichzusetzen, das auf Intransparenz, Täuschung und Betrug basiert, halte ich – zurückhaltend formuliert – für gewagt.

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