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Was ist drin im Themen-ETF? So schaust du hinter die Kulissen

Dieser Artikel soll dir dabei helfen, ETFs richtig einzuschätzen.

Zu jeder Zeit gibt es irgendeinen „heißen Scheiß“. Das ist super und nennt sich Fortschritt. Einiges davon hat bereits Hand und Fuß, aus anderem wird erst etwas Großartiges. Hier ein paar bunt durcheinander gewürfelte Beispiele aus Vergangenheit und Gegenwart: Raumfahrt, Computer, Internet, Nanotechnologie, Blockchain, Elektromobilität.

Bisher konnte man immer das gleiche Phänomen beobachten: Kaum war eine Idee in aller Munde, schon schossen Investmentangebote dazu hervor wie Pilze aus dem Boden – im Mittelpunkt meistens das berühmt-berüchtigte „Potenzial“ oder die „Story“. Das ging los bei Unternehmen, die außer einem cool klingenden Namen nichts aufzuweisen hatten und einfach nur an die Börse gegangen waren. Fortgesetzt wurde dieses Spiel durch aktiv gemanagte Aktienfonds, die ganz viel derartigen Schrott bündelten und das dann Risikostreuung nannten.

Und heute?

Heute kann man manchmal den Eindruck gewinnen, dass dieser Wahnsinn mittels ETFs (Exchange Traded Funds) fortgeführt wird. Da liest man z. B. über ETFs zu „Automation and Robotics“, „New Energy“, „Elektromobilität und autonomes Fahren“ usw. Natürlich kann Otto-Normal-Anleger sich nicht in jedem dieser Bereiche auskennen und fällt eventuell wieder auf heiße Luft rein.

Die Grundidee von ETFs

Die Grundidee von ETFs liegt bekanntlich im Indexing, um damit langfristig eine durchschnittliche (positive!) Rendite zu erzielen. Das trifft auf sehr viele breit gestreute ETFs wirklich zu, z. B. solche über den MSCI World oder FTSE All World Index. Man muss sie nur lange genug halten und darf in Abwärtsphasen und Crashs keine Panik bekommen.

Wie sieht es jedoch mit speziellen Themen-ETFs aus? Voraussagen über deren Verlauf kann niemand zuverlässig treffen. Auch lässt sich heute Schrott nicht komplett vermeiden. Allerdings kann jeder relativ einfach hinter die Kulissen eines solchen Investments schauen, was recht hilfreich zu dessen Einschätzung sein kann. Ich zeige am Beispiel, wie das geht.

Wie untersucht man einen ETF?

Der Schlüssel dazu: Ein ETF hat ziemlich transparente Kennzahlen und basiert auf einem Index, der bestimmte Wertpapiere enthält. Jeder Index wird nach festgelegten Regeln zusammengesetzt.

Wie gründlich du das Ganze untersuchen möchtest, liegt bei dir. Im Grunde genommen gibt es drei Stufen:

  • Stufe 1: Factsheet des ETF lesen
  • Stufe 2: Gesamte (aktuelle) Zusammensetzung des zugrundeliegenden Index anschauen
  • Stufe 3: Regeln für die Zusammensetzung des zugrundeliegenden Index lesen, verstehen und beurteilen

Schauen wir uns dazu wie versprochen ein Beispiel an. Ich verwende einen ETF zu einem voll im Trend liegenden Thema, und zwar den

iShares Automation & Robotics ETF (ISIN: IE00BYZK4552)

Stufe 1: Factsheet

Ich suche diesen ETF auf einem guten ETF-Portal. Ich verwende extraETF. Dazu kopiere ich einfach die ISIN ins Suchfeld und lande genau beim gewünschten ETF.

Neben Kurs, Chart und Wertentwicklung, die mich zunächst nicht interessieren, sehe ich einige Grunddaten gleich auf der ersten Seite, und zwar

  • Gesamtkostenquote (TER): 0,4 %
  • Abbildungsart: physisch, optimiert
  • Ertragsverwendung: thesaurierend
  • Größe:  über 1 Mrd. EUR
  • Auflagedatum: 08.09.2016
  • Anzahl der Positionen
  • usw.

Das sieht für mich insgesamt recht gut aus.

Auch eine kurze Beschreibung, um was es geht, ist vorhanden:

Der ETF bietet Zugang zu Unternehmen, die Technologien im Bereich der Automatik und Robotik in den Industrie- und Schwellenländern entwickeln.

Naja, das dachte ich mir schon.

Dann gibt es noch einen Link „Zusammensetzung“. Dahinter findet man die zehn größten Positionen. Immerhin sagen mir drei davon etwas: NVIDIA, Advanced Micro Devices und Apple. Die sind keine „heiße Luft“. Weiterhin sehe ich dort Infos zur Zusammensetzung nach Ländern und nach Branchen.

Auf der Übersichtsseite finde ich einen direkten Link zum Factsheet des Emittenten, also in diesem Fall von iShares. Das ist ein PDF-Dokument, das die wichtigsten Eckdaten den ETF zusammenfasst.

Die Beschreibung in diesem Factsheet fällt zwar etwas länger aus, ist inhaltlich aber nicht ausführlicher als die auf dem ETF-Portal.

Das war die erste Stufe der Recherche. Wenn dir diese Informationen bereits für eine Entscheidung dafür oder dagegen reichen, bist du hier fertig.

Stufe 2: Indexzusammensetzung

Wer in die nächste Stufe der Analyse übergehen möchte, der findet im Factsheet den Vergleichsindex zum ETF. In unserm Beispiel ist es der

iSTOXX@ FactSet Automation and Robotics Index

Gibt man das in die Suchmaschine ein, gelangt man zur Seite von STOXX, wo man alles zum obigen Index findet:

https://www.stoxx.com/index-details?symbol=IXAROBU

Unter einem Link „Components“ befindet sich eine mehrseitige Liste aller im Index enthaltenen Aktien. Momentan sind es 132 Stück. Hier kann man sich also einen weiteren Eindruck verschaffen, worin der obige ETF investiert.

Screenshot von der STOXX-Seite

Wenn du möchtest, kannst du Einzelwerte in Finanzportalen nachschlagen und Kennzahlen zu Umsätzen, Gewinnen usw. anschauen, zumindest stichprobenartig.

Wenn ich durch die Seiten der Liste blättere, fallen mir einige Namen auf, von denen ich zumindest schon einmal gehört habe. Einige finde ich sogar im Aktienfinder von Torsten Tiedt, wo sich die wichtigsten Daten über relativ lange Zeiträume auf einen Blick erfassen lassen, weil sie dort sehr übersichtlich grafisch aufbereitet sind.

So lassen sich auch in diesem Schritt weitere gute Unternehmen mit Gewinnhistorien finden. Wenn dir das auch noch nicht genügt, um eine Entscheidung zu treffen, dann bleibt dir noch die nächste Stufe.

Stufe 3: Indexregeln

Für mein Beispiel findet man auf der STOXX-Webseite zum Index unter einem Link „Data“ ein PDF-Dokument „Index Guide“.

Screenshot von der STOXX-Seite

Das klingt ziemlich brauchbar. Im Dokument steht „Methodology Guide“ und es gibt einen Abschnitt, in dem die Arten von Guides erklärt sind. Dort steht zu „Methodology Guide“:

The STOXX Index Methodology guide contains the index specific rules regarding the construction  and  derivation  of  the  portfolio  based  indices,  the  individual  component selection process and weighting schemes

Darin sind also Konstruktionsregeln, Auswahlprozess und Gewichtungsschemas enthalten. Das ist genau das, was wir suchen.

Das PDF-Dokument enthält diese Informationen zu allen STOXX-Indizes. Den FactSet Automation and Robotics Index findet man im Abschnitt „FactSet Thematic Indices“. (Neben Automation and Robotics gibt es weitere Themen wie z. B. Digitalization, Aging Population.) Alle diese Indizes folgen den gleichen Regeln, nur dass die Auswahl der Sektoren, aus denen die Unternehmen kommen, jeweils eine andere ist.

Die wichtigsten Regeln für den iSTOXX@ FactSet Automation and Robotics Index

Es ist eine Liste von Ländern (sowohl Industrie- als auch Schwellenländer) angegeben, aus denen die Unternehmen kommen und eine zum jeweiligen Thema passende Sektorenliste. Ein Auszug aus der Sektorenliste für Automation and Robotics:

  • 3D Modeling/Rapid Prototyping
  • Food Production Machinery Manufacturing
  • General Factory Automation Makers
  • Industrial Robots and Robotic Assembly Line Makers
  • Lasers and Optical Instrument Manufacturing
  • und viele mehr (insgesamt 45)

Das Universum für die Auswahl bilden alle Aktien des STOXX Global Total Market Index, die mehr als 50 % ihrer Umsätze innerhalb der zum Thema passenden Sektoren generieren und aus den vorgegebenen Ländern kommen.

Weitere Bedingungen werden an die Mindestliquidität und Mindestgröße der Aktien gestellt, und zwar muss der Median des gehandelten Volumens über drei Monate größer als 1 Mio. EUR sein und die Aktien müssen einen Freefloat größer als 200 Mio. EUR haben.

Die Mindestanzahl der Positionen in diesem Index ist 80. Wenn zu wenige Aktien auf die obigen Bedingungen passen, werden diese in 5 %-Schritten gelockert, bis die Anzahl reicht.

Die Bedingungen werden einmal im Jahr (im Juni) überprüft und entsprechende Änderungen am Index vorgenommen.

Die Aktien werden im Index gleichgewichtet. Das ändert sich natürlich durch die Preisentwicklungen der einzelnen Aktien. Im Zuge der jährlichen Überprüfung wird eine Neuberechnung der Gewichtungsfaktoren durchgeführt.

Um diesen Index mit einem ETF abzubilden, muss also einmal jährlich ein Rebalancing stattfinden. Das lässt sich durch einen Blick ins Factsheet des ETFs bestätigen, denn dort ist das jährliche Rebalancing erwähnt.

Habe ich die Regeln verstanden und möchte ich in etwas investieren, das diesen Regeln folgt?

Ich persönlich habe verstanden, sonst hätte ich das hier nicht mit eigenen Worten wiedergeben können, aber ich möchte nicht investieren. Für ein passives Investment ist es mir zu spezifisch und für ein aktives suche ich mir lieber einzelne Aktien aus.

Wozu ist solch ein Themen-ETF gut?

Als Investment für jemanden, der wirklich in das betreffende Thema investieren möchte und weiß, was im ETF drin ist, aber für eine gut gestreute Auswahl an Einzelaktien zu wenig Kapital zur Verfügung hat. Hier würde ich noch empfehlen, nachzuschauen, ob es weitere in Frage kommende ETFs zum betreffenden Index gibt und deren Eckdaten vergleichen. Das geht über ein ETF-Portal wie extraETF.

Das Thema aus dem obigen Beispiel findet man dort sogar direkt. Unter „Themen-ETFs“ kann man „Automation & Robotics“ auswählen und bekommt vier Treffer. Davon passen genau zwei auf den STOXX Index, und zwar neben dem hier betrachteten thesaurierenden ETF die ausschüttende Variante, ebenfalls von iShares. Es sieht also ganz so aus, als wäre der Index extra dafür konzipiert worden, dass iShares einen ETF darüber auflegen kann, aber warum auch nicht.

Weiterhin kann ein solcher ETF als Ideenquelle zur Auswahl von Einzelaktien dienen, indem man in die Zusammensetzung des entsprechenden Index schaut, so wie ich das in Stufe 2 beschrieben habe.

Und letztlich kann solch ein ETF Inspiration sein, um weitere Themen zu finden, denn oftmals gehört ein Themen-Index zu einer Index-Familie, wie im Beispiel.

Zusammenfassung

Ein ETF hängt fast immer mit einem Vergleichsindex zusammen, dessen Performance er abbildet. Betrachte also sowohl die Daten des ETFs als auch des Index.

Ich habe einen dreistufigen Weg beschrieben und mittels Beispiel illustriert, wie du ETFs unter die Lupe nehmen kannst, denn inzwischen gibt es zu fast jedem interessanten Thema einen oder mehrere ETFs.

Stufe 1: die Eckdaten aus dem Factsheet des ETF anschauen und bewerten, Stufe 2: die Zusammensetzung des Vergleichsindex ansehen und Stufe 3: die Regeln, nach denen der Index gepflegt wird, beurteilen.

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